Montag, 30. Juni 2008
Örghs...
An manchen Wochenenden merkt man, dass man langsam aber sicher auf die Dreißig zugeht. Zumindest, wenn man blöd genug ist, mehr zu trinken, als man eigentlich gewöhnt ist bzw. mehr zu trinken, als man für gewöhnlich trinkt. Aus irgendeiner fernen Verwandtschaftslinie habe ich mal Gene mitbekommen, die recht trinkfest sind, das heißt, eine veritable Menge einer Sorte Alkohol bekomme ich meistens herunter, ohne allzu viel davon zu bemerken oder auch die üblichen Anzeichen einer besoffenen Tussi zu zeigen (unregelmäßiges Kichern, unregelmäßige Rötungen im Gesicht, unkluges Erzählen saudämlicher Privatstorys, unregelmäßiger Beischlaf mit unwilligen und willigen Mittrinkern et cetera pp.). Schlimm wird es erst, wenn aus einer Sorte Alkohol mehrere nach- und durcheinander werden, das hat bisher immer gereicht, mich zuverlässig abzuschießen und am nächsten Morgen einen Kater zu haben, für den ein ganzes Tierheim nicht mehr ausreichen würde.

Dass das in den Ursprüngen locker-nette Grillen-und-Chillen-Event von meiner Arbeit aus irgendwie Nachwirkungen zeigen würde, hätte mir eigentlich schon klar sein müssen, als ich das Kinderplanschbecken mit den 5l-Bierfässern und sonstigen darin kalt gestellten Alkoholika sah. Ein Würstchen und zwei Steaks bildeten dann auch die geeignete Grundlage, mit ein bisschen Bier harmlos anzufangen, aber die lauwarme Pissplörre hat mich nicht allzu lange verlockt, der Vodka mit Zitrone schon eher.
Früher - in meinen Sturm-und-Drang-Jahren mit dem Nebenjob Barkeeper - waren ein paar Drinks am abend eine willkommene Erleichterung, um die Storys der an der Theke versackenden Gäste besser zu ertragen. Heute genieße ich Alkohol mehr nebenher, mal ein leckerer Cocktail oder ein Glas exzellenten Met oder Rosenschnaps, das reicht für gewöhnlich, um den Geschmack auf den Lippen zu haben und damit war's auch wieder gut.

Die Art Rausch, die entsteht, wenn man in einem Haufen netter Leute zusammensitzt und systematisch alles killt, was % auf dem Etikett stehen hat, ist für mich eine Seltenheit - und bleibt es hoffentlich, dann bleiben Busfahrten wie die am nächsten Morgen, bei der ich eine Stunde lang um Mageninhalt und Selbstbeherrschung kämpfen musste, hoffentlich auch ein Einzelerlebnis mit nicht zuvielen Folgen im Brech- und Kopfschmerzbereich. Aber dennoch .. neben dem Wissen, dass langsam aber sicher mein Körper nicht mehr nach acht Stunden Dauersaufen die Schultern zuckt und am nächsten Tag lockerflockig wieder ans Werk geht, das Wochenende zu genießen, habe ich doch auch eins über meine Kollegen gelernt: Dass man mit den Leuten eine Menge Spaß haben kann, eine Menge saublöder Sachen erzählt bekommt und am nächsten Morgen trotz dickem Schädel immernoch Achtung voreinander hat und sich beim nächsten Arbeitstag köstlich über diverse Peinlichkeiten gemeinsam amüsieren kann. War jedenfalls ein Erlebnis ... wenngleich keines, das ich so schnell wiederholen will, zumindest nicht diese Menge Alkohol. ;)

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Montag, 16. Juni 2008
CSI Themes X 3
Das Phänomen CSI (Crime Scene Investigation) war zu Beginn des Jahres 2000 ein absolutes Novum. In keiner anderen Serie wurde so akribisch geforscht, zerschnitten, auseinandergefrickelt und zusammengefriemelt, was das Zeug hielt, und am Ende wurde der Böse immer damit gefunden. Ableger der Ur-Serie gibt es inzwischen zwei, und der Grundgedanke eines ermittelnden Forensiker-Teams wurde zig Mal kopiert und geklaut. Was allerdings nicht geklaut werden konnte, war die geniale Musik, die für die Theme Songs der drei CSI Serien benutzt wurde - drei Titel der englischen Kult-Band The Who.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich alle drei Songs beisammen hatte, und ich finde, sie sind des anhörens wert - für die Themes wurden immer nur kleine Abschnitte der Songs benutzt, was ihnen nicht gerecht wird, es wäre in etwa, als versuchte man den gewaltigen Inhalt von Tolkiens "Herr der Ringe"-Saga in eine 20-Minuten-Doku zu pressen. The Who machen ganz ursprüngliche Musik, arbeiten mit Tonhöhen, Variationen, Instrumenten, immer wieder neues ausprobierend, damals schon der Zeit und der Entwicklung weit voraus - und ich denke, auch heute sind sie noch ein wunderbares Beispiel dafür, dass Musik aus vielen Farben für das Ohr bestehen kann und trotz einem Alter von doch so einigen Jahrzehnten noch immer begeistert. Wer neugierig geworden ist, kann hoffentlich hiermit etwas anfangen:

CSI Las Vegas / Original-CSI: 'Who are you'
CSI Miami: 'Won't get fooled again'
CSI New York: 'Baba O'Riley' (auch gern 'Teenage Wasteland' genannt, aber der korrekte Titel lautet Baba O'Riley)

Viel Spaß beim Selber-Hören ... ich habe die Erfahrung gemacht, dass man gerade bei diesen Songs die 'Details' erst bei mehrfachem Hören wirklich alle entdeckt ...

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Freitag, 30. Mai 2008
(Mutter(s)) Courage
Ein Arbeitstag ging vorbei. Der übliche Weg durch S-Bahn, Vorortszug und Bus begann und nahm ereignislos seinen Lauf. Lärm durch laut telefonierende Sitznachbarn, kreischende Teenies, die sich wortreich über ihren neuen Freund oder wahlweise über ihre neuen Klamotten auslassen, quengelnde Babys und auf den Sitzen hüpfende Kinder kann ich inzwischen schon hervorragend durch mein Handy inclusive Ohrstöpsel mit laut gedrehter Musik ausschalten. So wird die zwangsjackenenge Heimfahrt zumindest nicht zur vollkommenen Zerreißprobe für meine gebeutelten Nerven, die allzu große Nähe zu fremden Personen nicht ertragen. Noch den aktuellen Spiegel, den Laptop oder ein Buch auf den Knien, und die eineinhalb Stunden Heimfahrt von der Arbeit werden nahezu erträglich. Man versinkt in seine eigene kleine Welt und irgendwann erreicht man die Endhaltestelle, hoffnungsvollerweise ohne durch schwitzende Leute oder stinkende Penner der Ohnmacht nahe gewesen zu sein.
Aber das gelingt nicht immer. Vor allem nicht, wenn plötzlich ins Sichtfeld der okkupierten Vierersitzgruppe ganz hinten im Bus zwei ineinander verkeilte Kerle geraten, die, während sie sich mit geballten Fäusten gegenseitig verdreschen, auf den Boden knallen und dort weitermachen, als hätten sie den Schmerz nicht gespürt. Dann gewinnt die ganze Szenerie an Fahrt: Die Kumpels der beiden Kerle versuchen, diese zu trennen, es wird ein kämpfendes Knäul an Menschen daraus, die in zwei unterschiedliche Richtungen drängen, während die beiden ursprünglichen Kämpfer noch immer erbittert die Fäuse fliegen lassen (beide hatten, wie man im Boxsport so schön sagt, recht gute Nehmerqualitäten). Ein recht stämmiger Typ mit türkisch-arabisch anmutendem Äußeren kommt nach hinten und greift wie ich in das Knäul ein, zum ersten Mal scheint sich ein Erfolg im Versuch abzuzeichnen, die wie siamesische Zwillinge in Faustschlägen verwachsenen Kämpfer zu trennen. Ich höre mich energisch rufen, dass sie Ruhe geben sollen, oder ich rufe die Bullen (was ihren Gesichtsausdrücken nach im Augenblick von ihnen nicht wahrgenommen wird, sehr wohl aber von ihren jeweiligen Kumpels, die ihre Anstrengungen verdreifachen).

Dann gelingt es, als ein zweiter couragierter und breit gebauter Mitbürger ebenso mit eingreift, aus einem wieder zwei zu machen - eine türkische Mutti im besten Alter, im rosa Kostümchen und mit farblich darauf abgestimmtem Kopftuch, ist ebenso nach hinten gekommen und gibt den beiden Jungs, die mühsam voneinander fern gehalten werden, den Einlauf ihres Lebens. Ein Teil davon erfolgte in türkisch, in sofern habe ich nicht viel davon verstanden, aber der deutsche Teil der Ansprache handelt davon, dass sie sich beide schämen sollen, ihre Eltern ganz sicher nicht wollen, dass ihre Sprösslinge sich aufführen wie unerzogene Gossenkinder und sie doch lieber beten gehen sollen anstatt sich zu kloppen. Der türkische Kontrahent wirkt kurz darauf ausgesprochen bedröppelt, der deutsche kühlt ebenso merklich ab - und als der Busfahrer ebenso nach hinten kommt, wirft er kurzerhand den Kerl samt Kumpels raus, der höchstwahrscheinlich angefangen hat (den Deutschen).

Ich wage nicht zu behaupten, welchen von beiden es jetzt mieser getroffen hat - den, der auf den nächsten Bus warten muss oder den, der im Bus noch sitzt und sich zehn Haltestellen lang die Schimpftirade der Mama anhören muss - aber gewirkt hat es in jedem Fall. Selten habe ich zwei übermütige Halbwüchsige so schnell ruhig werden sehen - und seit diesem Zwischenfall habe ich auch wieder neuen Respekt vor den türkisch- (oder arabisch?)stämmigen Mitbürgern gewonnen, die mir ansonsten zumeist als marodierende Rudel Jungerwachsener in der Innenstadt vor Augen kommen und sich dabei größte Mühe geben, einem so übel wie möglich im Gedächtnis zu bleiben, sei es durch das Anpöbeln und Verarschen aller Passanten, das Klauen in den Läden oder ähnliche Scherze. Von den deutschen (im Sinne von 'deutsch aussehend, das typisch mitteleuropäisch-blasse Durchschnittsgesicht) Mitfahrern im Bus hat sich übrigens keiner bequemt, irgend etwas zu machen - wer tätig und couragiert vorgegangen ist, waren jene mit türkisch-arabischem Äußeren. Respekt, Leute!

Fazit des Zwischenfalls:
eine zerstörte Deckenlampe im Bus
zwei ziemlich verdroschene Jungs
eine ziemlich energische türkische Mama
... und ein paar interessante neue Gedanken.

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