Montag, 30. Juni 2008
Örghs...
An manchen Wochenenden merkt man, dass man langsam aber sicher auf die Dreißig zugeht. Zumindest, wenn man blöd genug ist, mehr zu trinken, als man eigentlich gewöhnt ist bzw. mehr zu trinken, als man für gewöhnlich trinkt. Aus irgendeiner fernen Verwandtschaftslinie habe ich mal Gene mitbekommen, die recht trinkfest sind, das heißt, eine veritable Menge einer Sorte Alkohol bekomme ich meistens herunter, ohne allzu viel davon zu bemerken oder auch die üblichen Anzeichen einer besoffenen Tussi zu zeigen (unregelmäßiges Kichern, unregelmäßige Rötungen im Gesicht, unkluges Erzählen saudämlicher Privatstorys, unregelmäßiger Beischlaf mit unwilligen und willigen Mittrinkern et cetera pp.). Schlimm wird es erst, wenn aus einer Sorte Alkohol mehrere nach- und durcheinander werden, das hat bisher immer gereicht, mich zuverlässig abzuschießen und am nächsten Morgen einen Kater zu haben, für den ein ganzes Tierheim nicht mehr ausreichen würde.

Dass das in den Ursprüngen locker-nette Grillen-und-Chillen-Event von meiner Arbeit aus irgendwie Nachwirkungen zeigen würde, hätte mir eigentlich schon klar sein müssen, als ich das Kinderplanschbecken mit den 5l-Bierfässern und sonstigen darin kalt gestellten Alkoholika sah. Ein Würstchen und zwei Steaks bildeten dann auch die geeignete Grundlage, mit ein bisschen Bier harmlos anzufangen, aber die lauwarme Pissplörre hat mich nicht allzu lange verlockt, der Vodka mit Zitrone schon eher.
Früher - in meinen Sturm-und-Drang-Jahren mit dem Nebenjob Barkeeper - waren ein paar Drinks am abend eine willkommene Erleichterung, um die Storys der an der Theke versackenden Gäste besser zu ertragen. Heute genieße ich Alkohol mehr nebenher, mal ein leckerer Cocktail oder ein Glas exzellenten Met oder Rosenschnaps, das reicht für gewöhnlich, um den Geschmack auf den Lippen zu haben und damit war's auch wieder gut.

Die Art Rausch, die entsteht, wenn man in einem Haufen netter Leute zusammensitzt und systematisch alles killt, was % auf dem Etikett stehen hat, ist für mich eine Seltenheit - und bleibt es hoffentlich, dann bleiben Busfahrten wie die am nächsten Morgen, bei der ich eine Stunde lang um Mageninhalt und Selbstbeherrschung kämpfen musste, hoffentlich auch ein Einzelerlebnis mit nicht zuvielen Folgen im Brech- und Kopfschmerzbereich. Aber dennoch .. neben dem Wissen, dass langsam aber sicher mein Körper nicht mehr nach acht Stunden Dauersaufen die Schultern zuckt und am nächsten Tag lockerflockig wieder ans Werk geht, das Wochenende zu genießen, habe ich doch auch eins über meine Kollegen gelernt: Dass man mit den Leuten eine Menge Spaß haben kann, eine Menge saublöder Sachen erzählt bekommt und am nächsten Morgen trotz dickem Schädel immernoch Achtung voreinander hat und sich beim nächsten Arbeitstag köstlich über diverse Peinlichkeiten gemeinsam amüsieren kann. War jedenfalls ein Erlebnis ... wenngleich keines, das ich so schnell wiederholen will, zumindest nicht diese Menge Alkohol. ;)

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Montag, 16. Juni 2008
CSI Themes X 3
Das Phänomen CSI (Crime Scene Investigation) war zu Beginn des Jahres 2000 ein absolutes Novum. In keiner anderen Serie wurde so akribisch geforscht, zerschnitten, auseinandergefrickelt und zusammengefriemelt, was das Zeug hielt, und am Ende wurde der Böse immer damit gefunden. Ableger der Ur-Serie gibt es inzwischen zwei, und der Grundgedanke eines ermittelnden Forensiker-Teams wurde zig Mal kopiert und geklaut. Was allerdings nicht geklaut werden konnte, war die geniale Musik, die für die Theme Songs der drei CSI Serien benutzt wurde - drei Titel der englischen Kult-Band The Who.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich alle drei Songs beisammen hatte, und ich finde, sie sind des anhörens wert - für die Themes wurden immer nur kleine Abschnitte der Songs benutzt, was ihnen nicht gerecht wird, es wäre in etwa, als versuchte man den gewaltigen Inhalt von Tolkiens "Herr der Ringe"-Saga in eine 20-Minuten-Doku zu pressen. The Who machen ganz ursprüngliche Musik, arbeiten mit Tonhöhen, Variationen, Instrumenten, immer wieder neues ausprobierend, damals schon der Zeit und der Entwicklung weit voraus - und ich denke, auch heute sind sie noch ein wunderbares Beispiel dafür, dass Musik aus vielen Farben für das Ohr bestehen kann und trotz einem Alter von doch so einigen Jahrzehnten noch immer begeistert. Wer neugierig geworden ist, kann hoffentlich hiermit etwas anfangen:

CSI Las Vegas / Original-CSI: 'Who are you'
CSI Miami: 'Won't get fooled again'
CSI New York: 'Baba O'Riley' (auch gern 'Teenage Wasteland' genannt, aber der korrekte Titel lautet Baba O'Riley)

Viel Spaß beim Selber-Hören ... ich habe die Erfahrung gemacht, dass man gerade bei diesen Songs die 'Details' erst bei mehrfachem Hören wirklich alle entdeckt ...

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Freitag, 30. Mai 2008
(Mutter(s)) Courage
Ein Arbeitstag ging vorbei. Der übliche Weg durch S-Bahn, Vorortszug und Bus begann und nahm ereignislos seinen Lauf. Lärm durch laut telefonierende Sitznachbarn, kreischende Teenies, die sich wortreich über ihren neuen Freund oder wahlweise über ihre neuen Klamotten auslassen, quengelnde Babys und auf den Sitzen hüpfende Kinder kann ich inzwischen schon hervorragend durch mein Handy inclusive Ohrstöpsel mit laut gedrehter Musik ausschalten. So wird die zwangsjackenenge Heimfahrt zumindest nicht zur vollkommenen Zerreißprobe für meine gebeutelten Nerven, die allzu große Nähe zu fremden Personen nicht ertragen. Noch den aktuellen Spiegel, den Laptop oder ein Buch auf den Knien, und die eineinhalb Stunden Heimfahrt von der Arbeit werden nahezu erträglich. Man versinkt in seine eigene kleine Welt und irgendwann erreicht man die Endhaltestelle, hoffnungsvollerweise ohne durch schwitzende Leute oder stinkende Penner der Ohnmacht nahe gewesen zu sein.
Aber das gelingt nicht immer. Vor allem nicht, wenn plötzlich ins Sichtfeld der okkupierten Vierersitzgruppe ganz hinten im Bus zwei ineinander verkeilte Kerle geraten, die, während sie sich mit geballten Fäusten gegenseitig verdreschen, auf den Boden knallen und dort weitermachen, als hätten sie den Schmerz nicht gespürt. Dann gewinnt die ganze Szenerie an Fahrt: Die Kumpels der beiden Kerle versuchen, diese zu trennen, es wird ein kämpfendes Knäul an Menschen daraus, die in zwei unterschiedliche Richtungen drängen, während die beiden ursprünglichen Kämpfer noch immer erbittert die Fäuse fliegen lassen (beide hatten, wie man im Boxsport so schön sagt, recht gute Nehmerqualitäten). Ein recht stämmiger Typ mit türkisch-arabisch anmutendem Äußeren kommt nach hinten und greift wie ich in das Knäul ein, zum ersten Mal scheint sich ein Erfolg im Versuch abzuzeichnen, die wie siamesische Zwillinge in Faustschlägen verwachsenen Kämpfer zu trennen. Ich höre mich energisch rufen, dass sie Ruhe geben sollen, oder ich rufe die Bullen (was ihren Gesichtsausdrücken nach im Augenblick von ihnen nicht wahrgenommen wird, sehr wohl aber von ihren jeweiligen Kumpels, die ihre Anstrengungen verdreifachen).

Dann gelingt es, als ein zweiter couragierter und breit gebauter Mitbürger ebenso mit eingreift, aus einem wieder zwei zu machen - eine türkische Mutti im besten Alter, im rosa Kostümchen und mit farblich darauf abgestimmtem Kopftuch, ist ebenso nach hinten gekommen und gibt den beiden Jungs, die mühsam voneinander fern gehalten werden, den Einlauf ihres Lebens. Ein Teil davon erfolgte in türkisch, in sofern habe ich nicht viel davon verstanden, aber der deutsche Teil der Ansprache handelt davon, dass sie sich beide schämen sollen, ihre Eltern ganz sicher nicht wollen, dass ihre Sprösslinge sich aufführen wie unerzogene Gossenkinder und sie doch lieber beten gehen sollen anstatt sich zu kloppen. Der türkische Kontrahent wirkt kurz darauf ausgesprochen bedröppelt, der deutsche kühlt ebenso merklich ab - und als der Busfahrer ebenso nach hinten kommt, wirft er kurzerhand den Kerl samt Kumpels raus, der höchstwahrscheinlich angefangen hat (den Deutschen).

Ich wage nicht zu behaupten, welchen von beiden es jetzt mieser getroffen hat - den, der auf den nächsten Bus warten muss oder den, der im Bus noch sitzt und sich zehn Haltestellen lang die Schimpftirade der Mama anhören muss - aber gewirkt hat es in jedem Fall. Selten habe ich zwei übermütige Halbwüchsige so schnell ruhig werden sehen - und seit diesem Zwischenfall habe ich auch wieder neuen Respekt vor den türkisch- (oder arabisch?)stämmigen Mitbürgern gewonnen, die mir ansonsten zumeist als marodierende Rudel Jungerwachsener in der Innenstadt vor Augen kommen und sich dabei größte Mühe geben, einem so übel wie möglich im Gedächtnis zu bleiben, sei es durch das Anpöbeln und Verarschen aller Passanten, das Klauen in den Läden oder ähnliche Scherze. Von den deutschen (im Sinne von 'deutsch aussehend, das typisch mitteleuropäisch-blasse Durchschnittsgesicht) Mitfahrern im Bus hat sich übrigens keiner bequemt, irgend etwas zu machen - wer tätig und couragiert vorgegangen ist, waren jene mit türkisch-arabischem Äußeren. Respekt, Leute!

Fazit des Zwischenfalls:
eine zerstörte Deckenlampe im Bus
zwei ziemlich verdroschene Jungs
eine ziemlich energische türkische Mama
... und ein paar interessante neue Gedanken.

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Montag, 19. Mai 2008
Sysiphusarbeit
Ich oute mich. Ganz krass, ganz offen, ganz klar: Ich hasse Hausarbeit. (Hier hat doch jetzt nicht wirklich irgendwer erwartet, dass ich mich als Lesbe zu erkennen gebe?)
Grundsätzlich ist Hausarbeit notwendig, um einen gewissen, schimmel- und staubfreien Standard in der Wohnung zu halten. Wenn man dann noch seinen Lebenspartner und die Katze wiederfindet, ohne unter allzu riesigen Bergen an ungewaschenen Klamotten und gestapelten Büchern wühlen zu müssen, umso besser. Aber bei all dem schrubben, wischen, saugen und räumen beschleicht mich doch immer wieder das Gefühl, in einer griechischen Sage zu stecken - der des Sysiphus, jenem Kerl, der auf ewig einen riesigen Felsen einen Berg hochrollen muss, nur um dann zusehen zu dürfen, wie er auf der anderen Seite des Berges wieder herunterkracht, damit er das ganze Spielchen wieder von vorn beginnen muss.
Grundsätzlich gelten für die Hausarbeit augenscheinlich drei Anxiome:

1. Ist irgendwo sauber gemacht, wird es von allein wieder dreckig.
2. Egal, wieviel man putzt, es wird sowieso wieder schmutzig.
3. Hausarbeit ist keine Arbeit. Wer also die Hausarbeit erledigt, strengt sich viel weniger an als derjenige, der arbeitet und Geld mit nach Hause bringt.

Dass man sich dann irgendwann einmal wie eine Putzfrau fühlt, wenn man den x-ten Wäschekorb mit einmal getragenem Zeug vom Keller bis in den dritten Stock (Dachboden) geschleppt hat, lässt sich kaum vermeiden - nur werden Putzfrauen für diesen miesen Job auch noch bezahlt. Aber ob mich 6€ die Stunde wirklich motivieren würden, mit mehr Freude an das Putzen heranzugehen, wage ich zu bezweifeln. Es ist und bleibt eine Plackerei, die ich meistens so lange aufschiebe, bis ich nicht mehr darum herum komme (weil ich ein so schlechtes Gewissen habe, dass ich es dann doch mache). Nur um dann vor einem viel größeren Berg zu stehen. Hätte ich mehr Bezug zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, würde ich noch irgendwann versuchen herauszufinden, wann es mehr Arbeit ist - wenn ich jede Woche mein Soll erfülle, oder wenn ich immer etwas liegen lasse, um dann irgendwann einen Berg abtragen zu müssen (sprichwörtlich gesehen).

Gibt es überhaupt Menschen, die am putzen Spaß haben? Sicherlich, eine saubere, aufgeräumte Wohnung gefällt wohl jedem. Aber der Weg dorthin ist immer unerfreulich, bisher habe ich zumindest noch niemanden getroffen, der gerne putzen würde. In allen möglichen Serien sind die Wohnungen der Leute immer unglaublich aufgeräumt - wie soll man das glauben? Wenn ich mich aufs Sofa setze und irgend etwas nähe, etwas zeichne oder sonstig kreatives Zeug vor mich hin wirtschafte, ist der Tisch in aller Regel danach ein Häufchen Chaos. Man braucht nunmal eine Menge Kram, bis man das Ergebnis hat, das man will. Entweder haben die Charaktere der Serien kein Privatleben und gehen in ihre Musterwohnungen nur zum Schlafen und neue-Freundin-flachlegen, oder aber man versucht uns unterzujubeln, dass picobello-Wohnungen nun einmal sein müssen.

Wie schaffen es die Leute aus dem Perfekten Dinner nur, ihre Gäste in tiptop aufgehübschte Wohnungen zu führen? Allein das Mobiliar der meisten Leute lässt mir die Ohren schlackern, 25jährige Studentinnen mit Designerküchen, 28jährige Marketingtypen mit Designerwohnzimmer, und alles wie frisch aus dem Architekturkatalog oder 'Schöner Wohnen'. Renovieren diese Leute erst einmal, bevor sie die vier Unbekannten zum Fernsehdinner laden?
Anders kann ich es mir nicht vorstellen, viele der Kandidaten haben Kinder, und kleine Kinder zu haben bedeutet doch auch stets, ein gewisses Maß an Chaos in Kauf nehmen zu müssen. Schließlich kann man beim besten Willen nicht dauernd aufräumen oder hinter den Kindern her putzen, vor allem, wenn es nicht nur ein Kind ist. Bei solchen Sendungen packt mich jedenfalls der blanke Neid auf diese Leute in ihren perfekten Wohnungen.

Ich brauche ein bisschen Chaos zum existieren. Ich gehöre auch zu den Menschen, die in ihrem Chaos eine gewisse Ordnung haben. Aber eben übereinander statt nebeneinander. Letztendlich läuft es jedenfalls doch wieder auf den Putzeimer mit Wischtuch heraus. Schließlich wird alles wieder dreckig, egal, wieviel man geschrubbt hat. Ein bisschen wie Sysiphus fühle ich mich aber auch, wenn ich mit dem Putzen fertig bin: Zumindest ein kleiner Moment der Erleichterung, während der Stein den Berg herunterfällt. Ein paar Sekunden lang glückseligen Fluges, in dem man die Gummihandschuhe wieder in den Schrank packt.

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Mittwoch, 14. Mai 2008
Sunny
Nach dem letzten, wirklich katastrophal-siffigen Sommer will man es derzeit nicht so ganz glauben, tatsächlich in Deutschland zu wohnen. Tatsächlich scheint das gute Wetter zu halten und nach einigen, im strahlenden Sonnenschein zumeist draußen verbrachten Tagen beginnt auch meine ansonsten informatikerbleich gehaltene Haut eine knackige Bräune zu entwickeln, die sich erstaunlicherweise sogar sonnenbrandfrei über meine Arme und dann den restlichen Körper erstreckt.
So braun war ich das letzte Mal im letzten Jahr, nach einem verregneten fünf-Tage-LARP-Con, wobei der letzte Tag dieser Veranstaltung, auf dem die Zelte und alles weitere abzubauen waren, dann mit bestem Sonnenschein aufwarten konnte. Und es ist noch immer kein wirkliches Ende der Extrapackung Wärme in Sicht - schon lange hat mich nichts so zuverlässig und lange vom Rechner fern gehalten wie dieses herrliche Wetter, und ich bedauere es kein Stück. Nicht zuletzt, weil der Freibadbesuch am Pfingstmontag längst vergessene Kindheitserinnerungen zurück brachte - oder hatte ich einfach nur verdrängt, wie es ist, sich in einem einzigen Schwimmbecken durch eine Horde planschender Kinder und langsam vor sich hin dümpelnden Muttis zu kämpfen, weil man vom Rand nicht reinspringen darf?

Das Odeur nach Sonnencreme, gemischt mit undefinierbaren Randnoten, die ich lieber nicht in die Richtung frisches Pipi oder ähnlicher Abarten menschlicher Körperflüssigkeiten hin anlegen will, das unablässige Wasserspritzen, weil ungefähr 80% der im Wasser anwesenden Personen zwischen vier und achtzig Jahren nicht richtig schwimmen, sondern lieber herumhüpfen wollen, die Bademeister, die gelangweilt herumstehen und sich miteinander unterhalten, anstatt ein Auge auf die planschende Brut zu haben, die an der roten Absperrleine zum Schwimmerbecken herumalbert, sich aber doch nicht traut, einfach darüber zu springen, zertretene Pommes im ein-Kilometer-Umkreis um den Imbiss-stand, bei dem man mit viel Glück nur eine halbe Stunde warten muss, um salzige, halb fertige Kartoffelstäbchen mit klumpiger Mayo abzustauben, wenn man nach dem Schwimmen noch Hunger haben sollte, die kreischenden Kinder mit ihren übergroßen Wasserbällen, die einem natürlich nicht absichtlich dauernd an den Schädel fliegen, die coolen Teenager, die meinen, mittels gegenseitigem Untertauchen ihre geistige wie sittliche Reife beweisen zu können (und doch dabei nichts anderes tun als zu versuchen, die Körper ihrer quietschenden Freundinnen verstohlen unter Wasser anzufassen) - das Freibadpotpurri hat sich mir in vollem Umfang eröffnet und ich hatte wirklich, wirklich einen riesigen Spaß.

Manche Begleiterscheinungen muss man eben hinnehmen, wenn man eine Wasserratte ist, die am liebsten stundenlang schwimmen würde, aber leider das Pech hat, nicht am Meer zu wohnen. Aber ich glaube auch kaum, dass es den Leuten gefallen würde, wenn ich hier im Wellen-Freibad mit meinem Surfbrett auftauchen würde, um ein bisschen zu üben ... so bleibt nur, sich vorzustellen, man hätte die Bahnen für sich allein, die Luft anzuhalten und einfach abzutauchen, und da ist sie dann, die vielgepriesene Freiheit, in der man andere weder hört, sieht noch schmecken muss: Unter Wasser wird alles unendlich. Und das liebe ich wirklich.

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Mittwoch, 7. Mai 2008
Das Leben stinkt
Jeden Tag qualvolle Enge. Menschen, die dichtgedrängt stehen, sich umeinander herum winden, versuchen voran zu kommen, und weiter warten. Bis zur nächsten Haltestelle kann die Zeit so lang werden. Eingeklemmt zwischen dem siffigen Rucksack eines spätromantischen Punks, der offensichtlich nur noch durch ungefähr viertausend Sicherheitsnadeln in seiner Form gehalten wird, und dem dicken Bauch eines behäbigen älteren Herrn mit glitzernden Schweißtropfen auf der langsam dunkelrosa anlaufenden Stirn, wünsche ich mir oft, ohne Geruchssinn geboren worden zu sein. Es ist ein unerklärliches Faktum, dass schätzungsweise 80% der Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht wissen, was ein Deo ist. Oder wo man sich eins kaufen kann. Falls sie überhaupt jemals schon eine dieser großflächigen Werbeplakate mit wahlweise dreiviertelnackten hübschen Mädels gesehen haben, die das praktische Produkt einladend in der Hand halten.

Oder ich habe das Glück, ständig in dem Bus, S-Bahn-Waggon oder Zugabteil zu landen, in dem mindestens eine Person sitzt, die schon durch ihren Geruch überpräsent ist. Ich bin ja nicht einmal besonders wählerisch. Beschwere mich nicht über zu süß duftendes Parfum, Kokosshampooduft (auch wenn mir von dem Geruch übel wird) oder die herb-plakative Note eines Männeraftershaves, in dem der Nutzer wohl gebadet hat. Denn all diese Gerüche beweisen, dass die Nutzer zumindest ein rudimentäres Verständnis für Körperhygiene zu besitzen scheinen.
Bei lauter Musik, die aus einem benachbarten Handy dröhnt, kann man versuchen, sich mit eigenen Kopfhörern zu entwinden. Einfach lauter machen, lautet die Devise. Sieht jemand seltsam aus oder möchte man jemanden einfach nicht anschauen, dann dreht man den Kopf und betrachtet die spannende Skyline einer von Deutschlands größten Städten. Genauer gesagt, die hässliche, schäbige und immer irgendwie angegammelt wirkende Bahngleisversion davon. Aber dem Gestank entkommt man nicht auf höfliche Weise, da hilft nur Nase zuhalten - und erntet im günstigtsten Fall nur einen schrägen Blick. Denn durch den Mund atmen hilft nur bedingt, wirklich üble Gerüche dringen dennoch immer durch. Wäre ich Bundeskanzler, würde ich den Leuten Gratisdeo aufnötigen. Obwohl, als Bundeskanzler hätte ich dieses Problem nicht mehr - Dienstwagen sind schon eine schöne Erfindung. Irgendwie graut mir vor wärmeren Temperaturen.

"Ham Sie ein Problem?" Stinker zum Gesanksverweigerer.
"Nein. Jetzt nicht mehr." Gestanksverweigerer mit Fingern auf der Nase.

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Dienstag, 6. Mai 2008
Tropfenförmig
Vorbei ziehen sie, diese Tage, die sich stets irgendwie gleichen. Aufstehen, sich für den Tag vorbereiten, aus dem Haus gehen, arbeiten, nach Hause fahren, ein wenig Zeit mit dem Lebenspartner und/oder der Familie, schlafen. Aufstehen ... ein stetiger Kreislauf, nur durchbrochen von einigen Wochenenden, Feiertagen, Urlaubstagen, die mit der unangenehmen Eigenschaft gesegnet sind, meist zu wenige zu sein und zu früh zu enden. In der Flut dieser Tage vergisst man leicht, welches Potential ein einziger Tag besitzen kann, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen.
Ein Tropfen, der dem anderen folgt, füllt irgendwann das Fass. Den Teich. Den See. Irgendwann das Meer. Verdunstet, erhebt sich zum Himmel, um dann als Regenschauer zurückzukehren, erfrischend, überflutend vielleicht, Leid oder Freude bringend. An manchen Tagen sehnt man sich geradezu nach ein wenig kühler Frische, an anderen ist selbst der Vorgeschmack auf etwas Nass zuviel.

Tropfen um Tropfen.
Tag um Tag, die sich aneinander reihen. Irgendwann ist das Fass voll, in das die Tropfen fallen, und es läuft über, macht sich Luft damit, den Überfluss oder das Zuviel zu kompensieren versuchend. Was geschieht, wenn es ein Übermaß an Tagen ist? Merken wir es heute noch, wenn wir eigentlich Abstand bräuchten, wenn wir einen einzigen Tag nur bräuchten, an dem wir die Schönheit und den Reichtum dessen erkennen könnten, was uns umgibt? Zu leicht versinkt man in der Gleichförmigkeit dieser Tage, und ein Jahr später stellt man sich die ungläubige Frage, wo denn die letzten Monate geblieben sind.
Manche Menschen dokumentieren diese vergangenen Tage mit Bildern, manche mit Worten, manche gar nicht. Letztendlich ändert es jedoch nichts an der Tatsache - dass alles vergänglich ist. Dass wir diese Tage nicht zurückbekommen. Dass sie verrinnen wie das Wasser auf einer trockener werdenden Erde. Und wenn dann kein Regen kommt, ist das Fass längst leer.

Was kommt, wenn man die Tage nicht mehr erkennt, die vorüber geflossen sind, die vergangen sind, die man nicht mehr zählen kann, weil es so viele waren, die sich so unendlich gleichten?
Neue Tage kommen, und es liegt an uns, wie wir ihnen begegnen. Ob sie versickern oder ob der Regen Neues mit sich führt. Glücklicherweise.

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Mittwoch, 30. April 2008
Die neue Sucht
An manchen Tagen ist es grässlich. Nagend. Fordernd. Die Gedanken überlagernd. Und ähnlich, wie es den Fixer zur Spritze treiben wird, treibt es mich in diese verlockenden Läden, in deren Schaufenstern bunte Bilder die Phantasie beflügeln. Goldene Lettern versprechen Abenteuer, den Rausch der Beschreibungen und Erklärungen, die sich nach und nach im Hinterkopf zu einem Großen und Ganzen zusammenfügen, einem Bild, welches ich eifersüchtig für mich hüten kann, um es in stillen Stunden durch die Erinnerung hervorzuholen und mit ebenso stillem Genuss betrachte.

Andere Frauen sammeln Schuhe. Oder Modellkleider. Oder Parfumfläschchen. Manch eine stellt sich das Wohnzimmer mit Kitsch und Nippes voll, bei einer anderen quellen Stofftiere und Puppen aus jeder freien Ecke der Wohnung. Bei mir sind es Worte. Gebunden, als Taschenbuch, als Heftchen, ganz egal, ein jedes wird, gleich welcher Herkunft, verschlungen, konsumiert, im Regal aufbewahrt, und dann zur passenden Stunde wieder hervorgekramt, um mich an der Erinnerung und Neuentdeckung gleichermaßen zu delektieren. Bei so manchem literarischen Erzeugnis lässt sich im Klappentext schwärmerisches vernehmen. Oft trifft man gerade bei Frauenromanen auf die Formulierung "Ich fand es schade, dieses Buch beiseite zu legen, als ich es fertig gelesen hatte, schien es mir doch vertraut wie ein guter Freund." Aber ist es nicht wirklich so?

Ein neues Buch vermag zu überraschen, verleitet zu Spekulationen, lässt den Leser nach dem Ende, der unweigerlich folgenden Auflösung hungern und harren, manch einer betrügt sich selbst um diese unvermeidliche Beendigung der Lesereise, indem er die letzten Seiten zuerst liest. Aber ein Buch, welches man auch nach Jahren immer wieder zur Hand nimmt, hat diesen Reiz längst durch Vertrautheit ersetzt. Durch Bekanntes, das man sich selbst wieder neu entdeckt. Man wandelt zwar auf dem bisweilen etwas ausgetretenen Pfad des Wissens um die Formulierkunst des jeweiligen Autors, seine Stärken und Schwächen, aber man kann sich niemals an alles genau erinnern, stolpert vielleicht hier und da über eine Schreibweise, die man nicht mehr im Gedächtnis gehabt hatte - und erliest sich das Altbekannte auf neue Weise.

Warum also sollte man sich nicht mit einem gewissen Stolz zu jenen zählen, die süchtig nach Worten sind, nach den Versprechungen, den Hoffnungen und auch dem Geschenk des Eintauchens in eine andere Welt, ohne dass man als ernsthaftere Nebenwirkung etwas anderes verspürt als nach noch mehr Büchern? Ich sollte dazu sagen, dass ich genau drei Paar Schuhe mein Eigen nenne, drei verschiedene Flaschen Parfum, die Stofftiere längst irgendwo in einem Schrank liegen und ich Kitsch nicht leiden kann - aber mehr als 500 Bücher, die langsam aber sicher die Kapazität meiner Regale überfordern. Lesestoff ist ein so geduldiger Begleiter auf der langen Fahrt zur Arbeit. An Abenden, an denen man den Kopf frei von den Sorgen des Alltags bekommen will. Und er verlockt oft genug, selbst zu schreiben. Welche Frau entwirft schon eigene Schuhe, wenn sie das zweihunderste Paar mühsam in den Schrank gezwängt hat?

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