Mittwoch, 7. Mai 2008
Das Leben stinkt
Jeden Tag qualvolle Enge. Menschen, die dichtgedrängt stehen, sich umeinander herum winden, versuchen voran zu kommen, und weiter warten. Bis zur nächsten Haltestelle kann die Zeit so lang werden. Eingeklemmt zwischen dem siffigen Rucksack eines spätromantischen Punks, der offensichtlich nur noch durch ungefähr viertausend Sicherheitsnadeln in seiner Form gehalten wird, und dem dicken Bauch eines behäbigen älteren Herrn mit glitzernden Schweißtropfen auf der langsam dunkelrosa anlaufenden Stirn, wünsche ich mir oft, ohne Geruchssinn geboren worden zu sein. Es ist ein unerklärliches Faktum, dass schätzungsweise 80% der Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht wissen, was ein Deo ist. Oder wo man sich eins kaufen kann. Falls sie überhaupt jemals schon eine dieser großflächigen Werbeplakate mit wahlweise dreiviertelnackten hübschen Mädels gesehen haben, die das praktische Produkt einladend in der Hand halten.

Oder ich habe das Glück, ständig in dem Bus, S-Bahn-Waggon oder Zugabteil zu landen, in dem mindestens eine Person sitzt, die schon durch ihren Geruch überpräsent ist. Ich bin ja nicht einmal besonders wählerisch. Beschwere mich nicht über zu süß duftendes Parfum, Kokosshampooduft (auch wenn mir von dem Geruch übel wird) oder die herb-plakative Note eines Männeraftershaves, in dem der Nutzer wohl gebadet hat. Denn all diese Gerüche beweisen, dass die Nutzer zumindest ein rudimentäres Verständnis für Körperhygiene zu besitzen scheinen.
Bei lauter Musik, die aus einem benachbarten Handy dröhnt, kann man versuchen, sich mit eigenen Kopfhörern zu entwinden. Einfach lauter machen, lautet die Devise. Sieht jemand seltsam aus oder möchte man jemanden einfach nicht anschauen, dann dreht man den Kopf und betrachtet die spannende Skyline einer von Deutschlands größten Städten. Genauer gesagt, die hässliche, schäbige und immer irgendwie angegammelt wirkende Bahngleisversion davon. Aber dem Gestank entkommt man nicht auf höfliche Weise, da hilft nur Nase zuhalten - und erntet im günstigtsten Fall nur einen schrägen Blick. Denn durch den Mund atmen hilft nur bedingt, wirklich üble Gerüche dringen dennoch immer durch. Wäre ich Bundeskanzler, würde ich den Leuten Gratisdeo aufnötigen. Obwohl, als Bundeskanzler hätte ich dieses Problem nicht mehr - Dienstwagen sind schon eine schöne Erfindung. Irgendwie graut mir vor wärmeren Temperaturen.

"Ham Sie ein Problem?" Stinker zum Gesanksverweigerer.
"Nein. Jetzt nicht mehr." Gestanksverweigerer mit Fingern auf der Nase.

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